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61 Wohnungen lösen sich in Luft auf

17.03.2025 Albert Leiser

Letzten Monat wies ich an dieser Stelle darauf hin, dass Bauherrschaften sehr sensibel auf Erschwernisse beim Baubewilligungsverfahren reagieren. Wie wenn es eines Beweises bedurft hätte, schildert der Tagesanzeiger Anfang dieses Monats einen Fall, der geradezu modellhaft die Problematik aufzeigt.

Wegen sich abzeichnenden Einsprachen und Verzögerungen verzichtet ein privater Bauträger auf einen Teil seines Projekts. Um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, baut er nun weniger Wohnungen als ursprünglich geplant. Besonders schmerzhaft: Opfer der Verkleinerung sind in erster Linie gemeinnützige Wohnungen. Damit scheitert schon wieder ein grosszügiges Wohnbauprojekt an der in der Stadt Zürich herrschenden Verhinderungskultur.

Konkret: Die Bauherrschaft plante beim Bahnviadukt, einen Flachbau und ein Hochhaus mit insgesamt 170 Wohnungen. Im Gegenzug war sie bereit, 30 bis 40 davon unter Marktwert einem gemeinnützigen Bauträger zu überlassen. Erforderlich wäre jedoch ein privater Gestaltungsplan und damit die Zustimmung des Gemeinderates gewesen. Die Bauherrschaft setzt sich damit politischen Ränkespielen aus - selbst wenn die Baubehörde dem Projekt wohlwollend gegenübersteht. Zudem muss sie damit rechnen, am Ende mit leeren Händen dazustehen, wenn sie nicht bereit ist, sich dem Diktat des Gemeinderats zu unterwerfen. Im konkreten Fall formierte sich im Quartier zudem Widerstand gegen das Hochhaus. Es war mit Einsprachen zu rechnen. Jahrelange Verzögerungen waren damit vorprogrammiert.

Der Bauherrschaft waren das zu viele der Unwägbarkeiten. Sie minimierte ihr Risiko, indem sie das Hochhaus aus dem Projekt ersatzlos strich. Statt der geplanten 170 Wohnungen, wird es nur 109 geben. Das Projekt ist damit BZO-konform und bietet weniger Angriffspunkte. Mit dem Hochhaus lösen sich allerdings auch die gemeinnützigen Wohnungen in Luft auf. Zugeständnisse sind ja nicht mehr erforderlich.

Ob Flachbau und Hochhaus ein städtebaulicher Gewinn gewesen wären, werden wir nie erfahren. 61 Wohnungen mehr wären jedenfalls nicht zu verachten gewesen. Es hätte eine Win-Win-Situation sein können. Stattdessen gibt es nun nichts als Verlierer. Im Sich-ins-eigene-Fleisch-schneiden könnten die Zürcher bald Weltmeister sein.