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Bau von Luftschloss auf 2043 verschoben

14.08.2023 Albert Leiser

Stellen Sie sich vor, Ihre Lebenssituation hätte sich geändert. Sie brauchen eine neue Wohnung, und zwar ziemlich dringend. Ein paar Absagen haben Sie bereits erhalten. Höflich formuliert. Man bedauert. Man wünscht Glück bei der weiteren Wohnungssuche.

Eine sticht heraus: Zwar ist im Moment keine Wohnung frei, aber man nimmt Sie gerne auf die Warteliste für ein Grossprojekt, welches 2043 realisiert wird. 2043? Muss ein Tippfehler sein, oder? Leider nein. So sieht die Wohnungspolitik der Stadt Zürich aus. 

Wer will schon einen Spatzen in der Hand, wenn er eine Taube auf dem Dach haben kann? Die Aussicht, die SBB dazu zu bringen auf dem Neugass-Areal 375 preisgünstige Wohnungen zu bauen, war so schön, dass eine knappe Mehrheit der Stimmbürger nicht widerstehen konnte. Sie verzichtete bewusst auf 250 preisgünstige und 125 weitere Wohnungen. Nun muss Sie bis 2043 warten, bis dort überhaupt Wohnungen gebaut werden. Aber Vorfreude ist bekanntlich ja die grösste Freude.   

Die Linke, die das Schlamassel verursacht hat, wäscht ihre Hände in Unschuld. Überhaupt ist das halb so schlimm. Schliesslich wird auch 2043 der Bedarf an preisgünstigen Wohnungen gross sein. Das mag stimmen, dürfte aber für heutige Wohnungssuchende ein kleiner Trost sein. Schon fast zynisch mutet die Aussage an, „2043 kommt schneller, als man denkt“. Leider sieht es nicht so aus, wie wenn die Linke daraus etwas gelernt hätte. Im Gegenteil. Sie verschanzt sich hinter ihrer Ideologie und findet es wunderbar, ein Signal ausgesendet zu haben. Was kümmert sie, dass dieses - wenn überhaupt – erst 2043 Wirkung entfaltet.  

Was es heute bräuchte, ist eine Grossoffensive wie in den 1970er Jahren. Einzonen, Umzonen im grossen Stil. Alles, was die damals verpönten Göhner-Bauten möglich machte. Es hat lange gedauert, bis man auch in Fachkreisen die Qualitäten dieser Überbauungen erkannt und zugegeben hat, dass sie ein Segen waren. Die Wohnungssuchenden zögerten schon damals nicht lange. Sie waren froh und dankbar. Das wäre garantiert auch heute der Fall, wenn beispielsweise grossflächig aufgestockt werden dürfte. Was zunächst vielleicht als teuer und ästhetisch unbefriedigend empfunden wird, entpuppt sich im Nachhinein oft als visionär.